Innovation

Wie die Zukunft digitaler Zentralbankwährungen aussehen kann

Visa kooperiert mit ConsenSys, um CBDC-Netzwerke mit bestehenden Zahlungssystemen zu verbinden.

Flower shop owner smiling and looking at tablet.

Zentralbanken auf der ganzen Welt beschäftigen sich immer intensiver mit der digitalen Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency oder CBDC). Fragen zur Adaptierung und der Benutzerfreundlichkeit dieser Währung stehen dabei im Vordergrund. Was passiert, sobald sie die Technologie für CBDC entwickelt haben? Wie kann man sicherstellen, dass Menschen ihr Geld vom ersten Tag an über ein bekanntes, vertrauenswürdiges und unkompliziertes System verwalten und ausgeben können?

Genau hier kommt Visa und unser «Network of Networks»-Ansatz ins Spiel, der Brücken zwischen digitalen CBDC-Netzwerken und dem bestehenden Finanz-Ökosystem baut. Visa kooperiert mit ConsenSys, einem Unternehmen für Blockchain-Technologie, um eine neue Infrastruktur zu entwickeln. Sie soll Zentralbanken und traditionelle Finanzinstitute zusammenbringen, um einfache und benutzerfreundliche Services anzubieten, die auf CBDC-Netzwerken aufbauen.

Wir haben uns mit Catherine Gu, Head of CBDC bei Visa, und Shailee Adinolfi, Director of Strategic Sales bei ConsenSys, unterhalten, um mehr über das Visa CBDC-Zahlungsmodul zu erfahren und wie die beiden Unternehmen die Einführung neuer Formen des digitalen Geldes unterstützen können.

Die Mehrheit der Zentralbanken erforscht Berichten zufolge CBDC. Was macht diese Technologie so faszinierend?

Catherine Gu: Wenn CBDCs erfolgreich sind, könnten sie den Zugang zu Finanzdienstleistungen erweitern und Auszahlungen von Regierungen effizienter, gezielter und sicherer machen. Das ist attraktiv für politische Entscheidungsträger:innen.

Hilfszahlungen an Bürger:innen sind zum Beispiel eine Aufgabe, die immense Ressourcen und Koordination erfordert. Mit CBDCs könnte eine zentrale Stelle schnell Zahlungen an eine bestimmte Gruppe senden und spezifische Ausgabenparameter programmieren. Einwohner:innen einer Gemeinde, die sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden, könnten zum Beispiel umgehend staatliche Unterstützung direkt in ihre digitalen Wallets erhalten. Diese können sie für den Kauf von Lebensmitteln oder anderen Gütern des täglichen Bedarfs bei Händlern verwenden, die digitale Zahlungen akzeptieren. Sie müssen nicht mehr auf einen Scheck in der Post warten oder darauf, dass das Geld auf dem Konto gutgeschrieben wird. Das ist nur ein möglicher Anwendungsfall. Es gibt noch viele Weitere, die vorstellbar sind.

Shailee Adinolfi: Wir kratzen erst an der Oberfläche dessen, was CBDCs langfristig bedeuten werden. Die Aussichten für den einfacheren Zugang zu Finanzdienstleistungen sind vielversprechend. Ungefähr zwei Drittel der Menschen ohne Bankkonto auf der Welt besitzen ein Mobiltelefon. Da digitale Währungen über mobile Geräte und physische Karten verteilt werden können, erreichen sie auch Menschen in abgelegenen Gebieten oder mit begrenztem Zugang zu Banken und physischem Bargeld.

Was sind die grössten Herausforderungen, mit denen sich Zentralbanken bei der Einführung von CBDC konfrontiert sehen?

CG: Zentralbanken müssen sich grundlegende Gedanken darüber machen, wie sie Stabilität, Widerstandsfähigkeit und Sicherheit in ihr CBDC-Ökosystem einbauen können. Einen Ausgangspunkt für die Berücksichtigung dieser zentralen politischen Fragen bieten beispielsweise die G7-Grundsätze.

Sie müssen aber auch an die Endnutzer:innen denken und daran, wie sie CBDC in die bestehenden Systeme und Infrastrukturen integrieren können. Das sind Herausforderungen, die für Zentralbanken im Alleingang sehr kostspielig und technisch anspruchsvoll sind. Wir sind der Meinung, dass öffentlich-private Partnerschaften und ein starker Fokus auf die Erfahrungen der Endnutzer:innen von entscheidender Bedeutung sind.  

SA: Ja, es ist wahrscheinlich, dass sich ein zweistufiges System herausbilden wird, an dem sowohl Zentralbanken als auch traditionelle Akteure aus der Finanzbranche beteiligt sind. Bei unserer Arbeit mit den Zentralbanken haben wir festgestellt, dass sie ein grosses Interesse am Fachwissen und an der Unterstützung aus dem Privatsektor haben. Sie sind zudem an der Erprobung konkreter Anwendungsfälle interessiert, die die Effizienz und den Ressourceneinsatz optimieren können. Das ist notwendig, um Assets zu transferieren und Konten abzugleichen.

Wie können Zentralbanken Menschen und Unternehmen zur Nutzung von CBDC motivieren?

CG: Wir glauben, dass es für Zentralbanken wichtig ist, CBDC als Produkt zu betrachten. Konsument:innen wollen ihr Geld intuitiv und in vertrauter Weise ausgeben und verwalten. Sei es, kontaktlos zu bezahlen, mobile Banking-Apps zur Kontoverwaltung zu benutzen oder sich einfach Rechnungen zu teilen – mit einem Klick. Die Frage ist: Wie werden auf nutzerzentrierte Weise die hohen Erwartungen an ein Digital-First-Produkt wie CBDC erfüllt? Unserer Meinung nach ist es wichtig, dass CBDC vom ersten Tag an überall von Unternehmen und Händlern problemlos akzeptiert wird, indem es an die bestehende Zahlungsinfrastruktur angeschlossen wird. Das würde auch den Weg dafür ebnen, dass Akteure wie Entwickler:innen, Fintechs oder Finanzinstitute in der künftigen Produktentwicklung auf CBDC-Netzwerken aufbauen können.

Welche Rolle spielt das CBDC-Zahlungsmodul von Visa?

CG: Das CBDC-Zahlungsmodul von Visa ist darauf ausgelegt, CBDC in bestehende Payment-Netzwerke einzubinden. So, dass CBDC-Netzwerke einfach mit bestehenden Finanzdienstleistern verbunden werden können. Banken und Zahlungsabwickler können sich in das Modul einklinken und ihre bestehende Infrastruktur integrieren, sodass sie zum Beispiel CBDC-verknüpfte physische oder virtuelle Bezahlkarten für Konsument:innen anbieten können. Wir integrieren derzeit unser Modul in die ConsenSys Codefi CBDC-Sandbox von ConsenSys Quorum, damit unsere Plattform bereit ist, die Enterprise-Blockchain-Technologie zu nutzen.  

SA: Genau, ConsenSys Quorum ist eine Open-Source-Version des Ethereum-Protokolls, die für Enterprise-Anwendungen optimiert wurde. Es ermöglicht ein zweistufiges CBDC-System für Zentralbanken für die Ausgabe und Verteilung von CBDC. Quorums Open-Source-Protokoll-Layer gewährleistet die Kompatibilität mit Private Permissioned und Ethereum-Mainnet-Netzwerken sowie mit bekannten Produkten und Entwicklungstools im Ethereum-Ökosystem. Zentralbanken und Banken sind sehr daran interessiert, Quorum mit unserer CBDC-Sandbox zu erkunden. Gründe dafür sind die steigende Nutzung des Ethereum Mainnets und von Layer 2s, gemeinsame Standards und die Interoperabilität zwischen privaten und öffentlichen Netzwerken.

Aus Sicht der Konsument:innen: Wie könnte eine Nutzung von CBDC aussehen, die auf dem Visa Modul aufbaut?

CG: Wir stellen uns für die Endnutzer:innen ein Erlebnis vor, das dem heutigen Bezahlen sehr ähnlich ist. Wenn CBDC-Netzwerke nahtlos in ihre Banking-Apps integriert sind, können sie einfach mit ihrer CBDC-verknüpften Visa Karte an der Kasse bezahlen. Oder sie nutzen ihre digitale Wallet, in der sie ihr CBDC-Guthaben und ihre virtuelle Karte hinterlegt haben, um irgendwo auf der Welt bei einem der 80 Millionen Händler zu bezahlen, die Visa akzeptieren. Und das einerseits sicher und andererseits über das bereits vorhandene Bezahlterminal. Das ist eine Nutzer:innenerfahrung, die Menschen auf der ganzen Welt vertraut ist.

Visa und ConsenSys wurden gemeinsam als eine von drei Einreichungen als Sieger bei der Global CBDC Challenge beim diesjährigen Singapore Fintech Festival auserkoren. Was habt ihr bei dieser Challenge mitgenommen und was zeichnete euren Beitrag aus?

CG: Es war eine grosse Ehre, mit ConsenSys an dem Wettbewerb teilzunehmen und von der Jury ausgewählt zu werden. Zu den Juroren gehörten viele der führenden Denker:innen und Zentralbänker:innen in diesem Bereich. Es war ein wichtiger Meilenstein für uns, unsere Vision davon zu teilen, wie wir Zentralbanken und den privaten Sektor dabei unterstützen können, die Early Adoption von CBDC voranzutreiben. Wir konnten zeigen, wie wir die Verwendung und den Nutzen von CBDC für alle und überall demokratisieren können, indem wir sie so gestalten, dass sie praktisch, universell einsetzbar und vertraut ist.

SA: Die Blockchain ermöglicht die Entwicklung neuer Kategorien von digitalen Assets – von NFTs über Stablecoins bis hin zu CBDC. Bis vor Kurzem mussten die Nutzer:innen neue Technologien wie MetaMask verwenden, um diese Assets zu empfangen, zu speichern und zu verwenden. Wenn man Konsument:innen Zugang zu diesen neuen Vermögenswerten auf eine Art und Weise verschafft, mit der sie sich bereits wohl und vertraut fühlen – zum Beispiel über Bezahlkarten – könnte das wesentlich dazu beitragen, die Akzeptanz auf Nutzer:innenseite zu beschleunigen.

Wie geht es mit dem CBDC-Zahlungsmodul von Visa weiter?

CG: Wir freuen uns sehr darauf, in die nächste Phase zu starten. Wir beginnen voraussichtlich noch im Frühjahr mit der Pilotierung und Prototypisierung konkreter Anwendungsfälle. Dann werden unsere Berater:innen und Produktexpert:innen in unserem Global Crypto Advisory Practice Team und Digital Currency Innovation Hub bereit sein, mit Zentralbanken, Finanzinstituten und Fintechs zusammenzuarbeiten, um das CBDC-Zahlungsmodul in deren Technologie-Stacks zu integrieren und zu konfigurieren. Es ist die logische Fortsetzung unseres Ziels, den Einsatz neuer Formen des Geldverkehrs voranzutreiben und wir wollen diese wichtige Arbeit unbedingt in Angriff nehmen.

 

 

Sind Sie interessiert daran, mehr über das CBDC-Zahlungsmodul von Visa zu erfahren und auf dem Laufenden zu bleiben? Klicken Sie hier, um mit dem Visa Krypto-Team in Kontakt zu treten.

Tag: Payment technology Tag: Financial Inclusion